Im Jahr 2008...
Die Anfänge der Entwicklung, die später zum Nürburgring führte, liegen etwa 120 Jahre zurück. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen in Europa mehr und mehr Rennveranstaltungen auf, meist ausgetragen auf öffentlichen Straßen. Automobiler Wettbewerb wurde immer beliebter und so wollte auch der deutsche Kaiser den Motorsport in seinem Land etablieren. Bereits im Juni 1907 kam es bei Bad Homburg vor der Höhe, rund 120 Kilometer Luftlinie von der Nürburg ent-fernt, zum großen Kaiserpreisrennen. Nach dieser Veranstaltung
wurde deutlich, dass es in Deutschland ein Übungsfeld für Motorsportler brauchte - eine Rennstrecke musste her. Verschiedene geeignete Orte wurden ausgesucht, darunter auch der Kreis Adenau, allerdings machte der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 alle Planungen und Gedankenspiele zunichte.
Nach diesem verheerenden Weltenbrand dauerte es jedoch nur wenige Jahre, bis im Deutschen Reich der Weimarer Republik wieder Motor-sportveranstaltungen aufkamen - eine davon in der Nähe des damaligen Landkreises Adenau, genauer gesagt bei der Kleinstadt Nideggen im Kreis Düren. Hier wurden ab 1922 Motorsportwettbewerbe veranstal-tet, die auf einer rund 33 Kilometer langen Strecke über öffentliche Stra-Ben durch Dörfer und Ortschaften führten. Diese Rennen, zu denen teils mehrere zehntausend Zuschauer kamen, wurden als Eifelrundfahrt international bekannt. Die Veranstaltungen waren ein großer Erfolg, die Strecke genügte jedoch nicht den Anforderungen. Wie auch vor dem Krieg kamen Planungen für eine Rennstrecke auf, jedoch wurde - meist aus Kostengründen - wiederum keine davon realisiert.
Eine entscheidende Figur in dieser Zeit war der Kaufmann Hans Wei-denbrück aus Bonn, Jagdpächter im Gebiet der Nürburg. Nach dem Besuch eines der Eifelrennen kam ihm die Idee, Straßen im Gebiet rund um die Nürburg zusammenzuschließen, um die Rennen dort auszutragen - ein erster Schritt hin zum Bau einer Rennbahn im Kreis Adenau.
Um dieser Idee einen entsprechenden Rahmen zu geben, gründete Weidenbrück Ende Januar 1925 den Automobilclub von Adenau, organisiert im ADAC. Der bis dato kommissarische Landrat des Kreises Ade-nau, Dr. Otto Creutz, wurde der 1. Vorsitzende dieses Vereins. Begeistert von der Idee einer Rennstrecke in seinem verarmten Landkreis übernahm er die Grundidee von Hans Weidenbrück. Creutz fügte allerdings noch ein entscheidendes Detail hinzu, durch das später das ent-stand, was wir heute als Nürburgring kennen: Die Rennbahn sollte in sich geschlossen und permanent sein, also nicht wie in Nideggen aus öffentlichen Straßen bestehen, welche für die Rennen gesperrt würden.
Hieraus entstand die Idee der „Ersten Deutschen Gebirgs-Renn- und Prüfungsstraße für Kraftfahrzeuge im Kreise Adenau", so eine Beschreibung des angedachten Werks. Creutz nahm das Projekt in seine Hände und stellte erste Kontakte zu den wichtigen Stellen her.
In den Wochen danach fanden zahlreiche Besprechungen statt, unter anderem mit dem ADAC sowie dem AvD. Zu einer weiteren wichtigen und schließlich auch entscheidenden Zusammenkunft kam es Mitte April 1925 im Wohlfahrtsministerium in Berlin, bei der es um die Finanzierung des Projekts ging - der Kreis Adenau war schließlich bitterarm und hätte ein solches Projekt niemals selbst auf die Beine stellen können.
Der Bau sollte daher als „große Notstandsarbeit im Rahmen der produktiven Erwerbslosenfürsorge" deklariert werden, vereinfacht gesagt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und damit zu einem guten Teil durch staatliche Hilfen finanziert. Dadurch sollte von vorher ungelernten Arbeitslosen etwas gebaut werden, was auch in den Jahren und Jahrzehnten nach der eigentlichen Maßnahme noch Wert schaffen und wirtschaftliche Kraft in die Region bringen sollte. Möglich wurden diese Überlegungen vor allem durch die hervorragenden Kontakte von Otto Creutz, seit März 1925 dann auch hauptamtlicher Landrat des Kreises Adenau, zur Reichsregierung nach Berlin - und dadurch, dass Erich Klausener, Ministerialdirektor im Preußischen Wohlfahrtsministerium, einige Jahre zuvor selbst Landrat in Adenau gewesen war.
Die grundlegenden Gespräche liefen, erste Pläne wurden erstellt und auch wenn zentrale Organe noch keine abschließende Entscheidung für oder gegen das Projekt getroffen hatten, war schon zu Beginn des Frühjahrs 1925 klar, dass im Kreis Adenau in den folgenden Jahren große Dinge geschehen würden.
Als sichtbare Etappe dieses Projekts begannen Ende April 1925 die ersten Arbeiten im Rahmen der sogenannten kleinen Notstandsar-beiten. 60 Mann stellten am Galgenkopf, einer Erhebung zwischen Nürburg und Döttingen, Kleinschlag her. Auch wenn es nicht zum Bau der Strecke gekommen wäre - die endgültige Entscheidung stand wie gesagt noch aus -, hätten diese Arbeiten rechtfertigt werden können. Aus heutiger Sicht stellen sie die ersten Bauarbeiten zum später „Nürburgring" genannten Werk dar, weswegen der 27.
April 1925 heute als der Geburtstag des Nürburgrings gilt. Sollten Sie in den nächsten Tagen auf der B 258 oder vielleicht sogar auf der Nordschleife unterwegs sein und am Galgenkopf vorbeikommen, dann denken Sie doch einmal kurz daran, dass hier vor genau 100 Jahren all das begann, was auch heute noch zehntausende Menschen pro Jahr in die Eifel lockt und seit Mitte der 20er Jahre die wirtschaftliche Zukunft einer ganzen Region sichert.
Die nächste wichtige Etappe war die Entscheidung des Kreistags Adenau zum Bau des Nürburgrings. Was die Mitglieder dieses Gremiums im Mai 1925 dazu bewegte, einem solch gigantischen Projekt in ihrem herrlich schönen, gleichzeitig aber auch bitterarmen Landkreis zuzu-stimmen, wird Thema des zweiten Teils dieser Kolumne sein.
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